Geschichte
(Oder woher der MGV seinen Namen hat)
Durch mündliche Überlieferung wissen wir, daß eigentlich schon vor der Gründung des Vereins im Jahre 1922 in den einzelnen Teilorten der ehemaligen Gemeinde Vordersteinenberg viel gesungen wurde. Es waren freie Gesangsgruppen, die sich zwanglos und in unregelmäßiger Folge in den einzelnen Gasthäusern oder auch bei Sängerkameraden zusammenfanden. Die räumlichen Entfernungen zwischen den einzelnen Ortschaften oder auch die Rivalität unter den fast gleich großen Ortsteilen haben vielleicht den Ausschlag gegeben, daß sich diese Gesangsgruppen anfänglich nicht zu einem Verein zusammengefunden haben.
Der 1. Weltkrieg kam, und die meisten Männer wurden eingezogen. Um die Gesangsgruppen wurde es zunehmend ruhiger.
Nachdem die meisten Soldaten aus Krieg und Kriegsgefangenschaft heimgekehrt waren, kamen diese Gesangsgruppen nicht mehr wie früher zusammen. Vielleicht hat auch der verlorene Krieg seinen Teil zur Überwindung alter Rivalitäten beigetragen. Der damalige Schulleiter Theodor Bausch nahm die Anregung einiger sangesfreudiger Männer zu einem gemeinsamen Wiederbeginn gerne auf und stellte sich dem neuen Verein als Dirigent zur Verfügung. Im Protokoll der Generalversammlung vom 25. März 1924 können wir lesen, daß als Geburtstag des Vereins der 01. Dezember 1922 bestimmt und daß die Altersgrenze der aktiven Sangesmitglieder auf 18 Jahre festgelegt wurde. Aus dem gleichen Protokoll erfahren wir auch noch, daß die Mitgliedsbeiträge auf 20 Pfennig im Monat festgesetzt wurden.
Wurde das Gründungsdatum auch nachträglich festgelegt, so weiß man doch durch mündliche Überlieferung sicher, daß die Vereinsgründung im Gasthaus zum „Lamm“ in Hintersteinenberg stattfand. Die Versammlung gab dem Verein damals den Namen „Gesangverein Vordersteinenberg“. Zum 1. Vorsitzenden des Vereins wurde Adolf Kugler aus Hintersteinenberg gewählt. Das Amt des Kassiers und des Schriftführers wurde Karl Rupp aus Nardenheim übertragen, der sein Amt bis 1938 gewissenhaft ausübte. Schon in der Gründungsversammlung machte der Dirigent Theodor Bausch den Vorschlag, Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“ aufzuführen. In den Wintermonaten 1923/24 setzte ein eifriges Üben und Proben ein. Es war ein großes Ziel, das sich der noch junge Verein setzte. Rund 60 bis 65 Personen, die Kinder mit eingerechnet, nahmen als Akteure an den Aufführungen teil.
Anhand mehrerer Fotografien aus jener Zeit gelang es, die Hauptdarsteller zu ermitteln. Wilhelm Tell wurde von Jakob Schaal aus Vordersteinenberg verkörpert. Der Landvogt Hermann Geßler, welcher der Sage nach in den Kantonen Schwyz und Uri die Macht Habsburgs ausübte und von Wilhelm Tell im Jahre 1307 erschossen wurde, stellte Karl Ostertag dar, der in diesen Jahren Unterlehrer in Vordersteinenberg war. Er übernahm auch die Regie.
Die erste öffentliche Aufführung fand nach langer Vorbereitung am 18. Mai 1924 in Steinbruch westlich vom heutigen Sportplatz statt. Dieser Steinbruch, der heute kaum mehr als solcher erkannt wird. bot sich als ideales Freilufttheater an und wurde mit Bänken und auch provisorischen Sitzgelegenheiten ausgestattet. Gespielt wurde vor einer stattlichen Zuschauerkulisse, bisweilen sollen es bis zu 1000 Besucher gewesen sein. Insgesamt wurde „Wilhelm Tell“ 1924 sechsmal aufgeführt, wovon die Aufführung am 03. August 1924 durch die Anwesenheit einer Militärmusikkapelle aus Schwäbisch Gmünd ein besonderes Gepräge erhielt. Diese Aufführung galt als Gefallenengedenkfeier aus Anlass der 10jährigen Wiederkehr des Kriegsausbruchs am 01. August 1914. Die Militärmusikkapelle führte den Zug von Vordersteinenberg zum Festplatz an. Überhaupt war der Marsch in den Kostümen zum Festplatz vor jeder Aufführung ein besonderes Ereignis für die ganze Bevölkerung aus nah und fern.
Im ganzen Land verbreitete sich die Kunde von den Tellaufführungen in Vordersteinenberg, und nicht selten wurden sie in den Zeitungen – unter anderem auch im Gaildorfer „Kocher-Boten“ und im „Boten vom Welzheimer Wald“ – als Beitrag zur Überwindung der Folgen von Krieg und Zusammenbruch gewertet und gewürdigt.
Der Verein war über das im Jahr 1924 Geleistete sehr stolz und in einer Generalversammlung wurde der Beschluss gefasst, den Gesangverein Vordersteinenberg in Männergesangverein „Rütli“ Vordersteinenberg umzubenennen.
Der Rütlischwur:
„Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern
In keiner Not uns trennen und Gefahr.
Wir wollen frei sein, wie die Väter waren,
eher den Tod, als in der Knechtschaft leben.
Wir wollen trauen auf den höchsten Gott
und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen“
wurde der Leitspruch des noch jungen Vereins.